Eine individuelle Stoßroutine dient dazu in jeder Situation konstant den bestmöglichen Stoß abrufen zu können. Nachfolgend beschriebene Stoßroutine soll das Finden einer eigenen Stoßroutine unterstützen.
1. Kreiden
Die Kreide wird in einer Streichenden Bewegung auf die Queuespitze aufgetragen. Der Queue wird vor jeder Streichbewegung ein kleines Stück weitergedreht, bis die gesamte Queuespitze mit Kreide bedeckt ist.
Bei diesem Kreideverfahren wird keine Loch in die Kreide gebohrt, die Kreide bleibt also lange erhalten und es entsteht keine Verschmutzung der Ferrule oder des Oberteils.
2. Entscheiden und Visualisieren
Alle Entscheidungen den nachfolgenden Stoß betreffend werden vor dem Antreten und Hineingehen in den Stoß getroffen:
- möchte ich die Aufnahme nach dem Stoß fortführen oder dem Gegner eine schwierige Lage hinterlassen?
- 3 Bälle vorausdenken: welche Lage brauche ich nach Versenken des ersten Objektballs, um nach Versenken des zweiten Objektballs eine gute Lage auf den dritten Objektball zu erreichen?
- Welche Stoßart möchte ich ausführen? (Stun Shot, Stop Shot, Nachlauf, Rücklauf, Jump, Drag, usw.)
- Welche Stoßgeschwindigkeit verwende ich?
- Welche Rotation möchte ich dem Spielball zu welchem Zweck mitgeben?
- Kann ich von der Position des Spielballs nach diesem Stoß weiterstoßen?
- Brauche ich danach die mechanische Brücke?
- Werde ich durch einen Objektball behindert?
- Werde ich durch eine Bande behindert?
Nachdem diese Entscheidungen getroffen sind, wird der Stoßablauf inklusive Bewegung des Spielballs und des Objektballs visualisiert. Es werden Bilder ins Gehirn gesetzt, denen Gehirn und Körper bei der tatsächlichen Stoßausführung folgen.
Alle weiteren Schritte der Stoßroutine dienen nur noch der Ausführung eines geraden Stoßes. Ein weiteres Nachdenken über Stoßdetails verhindert möglicherweiese die Durchführung eines geraden Stoßes und den Stoßerfolg.
3. Antreten und Ausrichten
Nachdem alle Entscheidungen für den Stoß getroffen wurden, erfolgt ein aufrecht stehendes Antreten in Stoßlinie, also in jener Linie, in welcher der Queue geführt wird, um den Stoß auszuführen.
Entfernung und Gewichtsverteilung vor dem Hineingehen sind abhängig davon, ob man mit einem Schritt oder mit zwei Schritten in den Stoß geht:
In beiden Varianten wird der Queue bereits „in der Luft“ geführt, der Queue liegt mit gewählter Brück in Bockhand auf und wird mit Führungshand bereits in Stoßlinie vor dem Körper geführt, sodass beim Hineingehen die Queuespitze gemeinsam mit der Bockhand nur noch abgesenkt werden müssen.
Um den lockeren Stoß vorzubereiten, können bereits Probeschwünge durchgeführt werden.
Niels Feijen zitiert Alex Lely:
Wir wollen einfach hinter dem Ball stehen, als würden wir auf den Bus warten.
4. Hineingehen
Nachdem sich das Vision Center in aufrechter Haltung in Stoßlinie befindet, wird das Hineingehen durch gleichzeitiges Absenken des Oberkörpers, Senken des Queues und einen Schritt eingeleitet.
- bei zwei Schritten wird zuerst der Ankerfuß auf die Stoßlinie gestellt, um mit dem zweiten Schritt einen stabilen Stand einzunehmen
- bei einem Schritt befindet sich der Ankerfuß bereits auf der Stoßlinie, es wird nur noch der Schritt in den stabilen Stand durchgeführt
Dabei kann auf folgendes geachtet werden:
- Vision Center befindet sich während des gesamten Vorgangs des Hineingehens auf der Stoßlinie (kein Pendeln links/rechts)
- Fokus beim Hineingehen auf Objektball bzw. Ziel des Stoßes
Ziel ist ein stabiler locker Stand mit guter Ausrichtung für die Stoßdurchführung.
Jasmin Ouschan - 1 Schritt
Karl Boyes - 2 Schritte
5. Feinabstimmen
Während die Queuespitze wenige Millimeter vom Spielball entfernt ist, wird überprüft, ob die Queuespitze den gewünschten Kontaktpunkt am Spielball haben wird. Feinkorrekturen können an dieser Stelle durchgeführt werden. Ist eine stärkere Korrektur notwendig, wird die Stoßroutine abgebrochen und von vorne begonnen.
Jede Korrektur des Ziels – also eine Korrektur der Stoßlinie – ist keine Feinabstimmung mehr, die Stoßroutine beginnt also von vorne.
6. Einschwingen
Das Einschwingen stellt sicher:
- dass man ruhig und entspannt ist
- dass sich der Queue in gerader Linie vor und zurück bewegt
- dass die Queuespitze beim Vorschwingen auf immer denselben Punkt am Spielball zeigt
- dass der Queue frei geführt werden kann, dass also Körper und Bandenspiegel die Queueführung nicht behindern
- dass nur der Unterarm in Bewegung ist; der restliche Körper befindet sich in Ruhe
Der Rückschwung beim Einschwingen soll in etwas dem Rückschwung bei der tatsächlichen Stoßdurchführung entsprechen, damit eine sinnvolle Überprüfung für den eigentlichen Stoß vorliegt.
7. Überprüfen
Nach dem Einschwingen kommt die Queuespitze wenige Millimeter vor dem Spielball zur Ruhe. Ein letztes Mal wird überprüft, ob die Queuespitze auf den gewünschten Kontaktpunkt auf dem Spielball zeigt.
Als letzte Möglichkeit den Stoß abzubrechen kann man in sich hineinhören:
- fühle ich mich mit der Stoßvorbereitung wohl und bin ich bereit den Stoß durchzuführen? Dann gebe ich mir selbst ein GO! und fokussiere mich voll und ganz auf die Stoßdurchführung
- fühle ich mich noch unwohl? Bin ich noch mit der Entscheidungsfindung beschäftigt? Gehen mir Gedanken durch den Kopf, die nichts mit der Stoßdurchführung zu tun haben? Dann Abbruch und Neustart der Stoßroutine!
8. Fokussieren
Nachdem man sich selbst das GO für den Stoß gegeben hat, erfolgt ein Fokuswechsel voll und ganz auf den Objektball bzw. das Ziel. Dem Gehirn wird ein bis zwei Sekunden zur Umstellung gegeben, danach wird der Stoß durchgeführt.
9. Stoßen
- der Fokus bleibt weiterhin auf dem Objektball bzw. auf dem Ziel
- Der Queue wird langsam nach hinten geführt. Wie weit der Queue nach hinten geführt wird, hängt von der geplanten Stoßgeschwindigkeit ab
- Kleiner Finger, Ringfinger und eventuell auch Mittelfinger öffnen sich bei Rückschwung, um lockere Führung des Queues zu ermöglichen
- Die Tranformation zwischen Rückwärtsbewegung und Vorwärtsschwung erfolgt sanft ohne ruckartige Bewegung
- der Queue wird kontinuierlich bis zum Kontakt mit dem Spielball beschleunigt und durch den Spielball durchgeführt
- Der Queue wird nicht aktiv gebremst, der Bewegungsradius des Unterarms gibt die Länge des Durchgehens vor
- Die Führungshand bleibt beim Durchgehen locker, sodass Queuespitze nicht nach oben gezwungen wird
- Der Ellbogen bleibt zumindest bis zum Kontakt mit dem Spielball auf gleicher Höhe
- Durch Fallen lassen des Ellbogens und Schulterrotation kann durchgehen durch den Stoß verlängert werden
10. Verharren
Nach dem Stoß erfolgt für ein bis zwei Sekunden ein regungsloses Verharren einer Statue gleich, um zu verhindern, dass sich in den Stoß ein ungewünschte Bewegung einschleicht, die einen geraden Stoß verhindert:
- Kopf wird nicht angehoben oder gedreht, um nachzusehen, ob der Stoß gelungen ist.
- Es wird nicht aufgestanden, um schnellstmöglich den nächsten Stoß vorzubereiten und durchzuführen